Aktuell

Debatte um Wiederaufstellung des Leipziger Marx-Reliefs führte zu heftigen Reaktionen im Dresdner Landtag

07.03.2008 | von Frank Franz

Seit Wochen streitet sich Leipzig über die Wiederaufstellung des in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Auftrag gegebenen Bronze-Reliefs „Karl Marx und das revolutionäre weltverändernde Wesen seiner Lehre“, die von der übergroßen Mehrheit der Leipziger Bürger abgelehnt wird. Um die politischen Entscheidungsträger im Freistaat mit den Positionen dieser Mehrheit zu konfrontieren, hatte die NPD-Fraktion für den heutigen Tag eine Aktuelle Debatte zu dem Thema „Keine Steuergeldverschwendung für SED-Denkmal – Karl-Marx-Erinnerungskult in Leipzig verhindern“ beantragt.

 
Der NPD-Abgeordnete Jürgen Gansel erinnerte zu Beginn der Debatte daran, daß sich am 30. Mai dieses Jahres zum 40. Mal die Sprengung der Paulinerkirche jähre und damals „rote Kulturbarbarei“ zur Zerstörung eines Gotteshauses geführt habe, das alle Kriege heil überstanden hatte. Nachdem Gansel darauf hingewiesen hatte, daß die Demonstrationen gegen die von Ulbricht verfügte Sprengung „die größten politischen Unmutsbekundungen in der DDR zwischen dem 17. Juni 1953 und dem 9. Oktober 1989“ waren und „nicht wenige der Protestierenden“ ihr „Bekenntnis zu den kultur- und baugeschichtlichen Werten der Stadt Leipzig mit hohen Gefängnisstrafen oder mit der politisch motivierten Einweisung in die Psychatrie“ bezahlt hätten, ging er auf die politische Symbolik des zur Debatte stehenden Reliefs ein. „Die riesige Marx-Platte sollte das in Bronze gegossene Symbol des Sieges der Stalinisten über die Religion sein, der Geßlerhut eines Regimes, an dem kein Student vorbeikam, der an der Universität Leipzig eingeschrieben war“, so Gansel.
 
Während die Wendezeit den Sturz zahlreicher Marx-, Lenin- und Thälmann-Denkmäler gebracht habe und „die Helden der SED-Bonzokratie auf dem Schrottplatz der Geschichte“ gelandet seien, scheinten nur in Leipzig Stadtobere und Universitätsleitung sich „einen Narren am SED-Kitsch“ gefressen zu haben. Dabei sei es den Karl-Marx-Liebhabern offenbar völlig gleichgültig, „daß die Wiederaufstellung der Bronzetafel bei einer großen Mehrheit der Leipziger Bürger auf entschiedene Ablehnung stößt.“ Gansel rief seinen Zuhörern nochmals die Ergebnisse dreier Umfragen von „Bild Leipzig“, dem MDR-Kulturmagazin „artour“ und der „Leipziger Volkszeitung“ in Erinnerung, bei denen bis zu 80 Prozent der Befragten ihre Ablehnung einer Wiederaufstellung des Reliefs kundgetan hatten.
 
Gansels Redebeitrag führte wie erwartet zu aufgeregten Reaktionen bei den anderen Fraktionen. So schwang der CDU-Abgeordnete Robert Clemen in seiner Rede zwar einmal mehr heftig die Nazi-Keule gegen die NPD, sah sich im Endeffekt aber genötigt, zuzugeben, daß die Wiederaufstellung des Reliefs ein „Schlag ins Gesicht all derjenigen Leipziger“ sei, die „im Herbst `89 für die friedliche Revolution um den Ring“ gezogen seien. Der Grünen-Abgeordnete Dr. Karl-Heinz Gerstenberg fuhr Clemen daraufhin wütend an, daß „hier und heute“ nicht der „Ort und die Zeit“ sei, das „Pro und Contra“ der Aufstellung zu diskutieren, da die Aktuelle Debatte doch von der NPD beantragt worden sei.
 
In seinem Schlußwort sagte Jürgen Gansel, daß ihm die wütenden Reaktionen zeigten, daß es der NPD-Fraktion einmal mehr gelungen sei, den Finger „in eine geschichtspolitische Wunde“ zu legen. Als der frühere Linksfraktionsvorsitzende Professor Peter Porsch daraufhin wie üblich die Rede Gansels mit lautstarken Zwischenrufen zu stören versuchte, antwortete Gansel spontan, daß das Schweigen der Linksfraktion in der heutigen Debatte bezeichnend sei: „Sie von der LINKEN, der umbenannten PDS respektive SED, hätten heute hier zeigen können, ob sie ihr geschichtspolitisches Selbstverständnis geändert haben und vielleicht für einen anderen Standort plädieren, beispielsweise vor dem Zuchthaus Bautzen II, um zu zeigen, wohin der Marxismus geführt hat.“ Als Porsch nun noch lauter gegen Gansel pöbelte, erwiderte dieser, daß vielleicht sogar dessen persönliches Wirken dafür verantwortlich gewesen sei, daß Bürger in Bautzen verschwunden seien.
 
Gansel zitierte dann aus einem offenen Brief des CDU-Bundestagsabgeordneten und Bürgerrechtlers Arnold Vaatz, der geschrieben hatte:
 
„Die Zeit ist nun reif für die alten Eliten, ihre Erfolge abzurunden…Deshalb vollenden sie jetzt Ulbrichts Weg. Das Marx-Relief folgt nicht den Trümmern der Paulinerkirche in deren Massengrab, die Etzoldschen Sandgruben. Die Revolutionäre von 1989 enden als Bild der Lächerlichkeit. Die Revolution von Leipzig wird in Leipzig begraben. Unter den ungestürmten Bildern von Karl Marx. Die Welt gratuliert.“
 
Besser, so Gansel, könne man die untergründige Tendenz, die der demonstrativen Wiederaufrichtung des Marx-Reliefs in einer Zeit des Linksrucks zugrunde liegt, kaum formulieren, es sei aber auch gleichzeitig so „verstörend wie verräterisch“ mit welcher „erschreckenden Indifferenz“ sich die CDU „aus dieser geschichtspolitischen Affäre herauszustehlen“ versuche.
 
Auch ein aufgeregter zweiter Auftritt des Alterspräsidenten des Sächsischen Landtages, Professor Cornelius Weiss, der den Nationaldemokraten jedes Recht absprach, zu kulturpolitischen Fragen Stellung zu nehmen, konnte nicht verhindern, daß die Rednerauftritte von Gansel auf der Besuchertribüne als klarer Punktsieg für die NPD-Fraktion gewertet wurden.
 
07.03.2008
 
Arne Schimmer
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
01067 Dresden
Tel.: (0351) 493 49 00 // (0170) 18 74 207
 
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