Aktuell

„Eine verschworene Koalition der Nicht-Aufklärer“

19.06.2014 | von Redaktion

Aktuelle Debatte der NPD-Fraktion zur Verstrickung von Politik und Geheimdiensten

Die Debatte um die Mitgliedschaft von Sachsens VS-Chef Gordian Meyer-Plath in einer Bonner Burschenschaft überlagert momentan die notwendige Auseinandersetzung mit den fragwürdigen Machenschaften der Geheimdienste und insbesondere auch Meyer-Plaths eigener Rolle in dem mehr als dubiosen NSU-Komplex.

Die NPD-Fraktion hatte aus diesem Grund für den heutigen Tag eine Aktuelle Debatte mit dem Titel „NSU und NSA: Wer schützt unsere Verfassung vor dem Verfassungsschutz und den anderen Geheimdiensten?“ auf die Tagesordnung gesetzt, in der genau solche Fragen erörtert werden sollten. Außerdem thematisierten die Nationaldemokraten die Aufrüstung des BND mit einer neuen Schnüffelsoftware.

Der NPD-Abgeordnete und Obmann der Nationaldemokraten im sächsischen NSU-Ausschuß, Arne Schimmer, eröffnete seinen Redebeitrag mit einem Zitat aus dem soeben erschienenen Buch „Heimatschutz – Der Staat und die Mordserie des NSU“ der Enthüllungsjournalisten Stefan Aust und Dirk Laabs. Diese kleiden ihre Grundthese in die Sätze: „Die mörderische Geschichte des Nationalsozialistischen Untergrunds ist längst nicht aufgeklärt. Der Verfassungsschutz weiß mehr, als er zugibt – viel mehr. Er macht aber ein Staatsgeheimnis daraus.“

Tatsächlich hätten VS-Behörden, Landeskriminalämter und Innenministerien gerade den von ihnen geführten V-Leuten, die als Schlüsselzeugen zur Aufklärung des Falls beitragen könnten, keine Aussagegenehmigungen erteilt, und Akten in wahren Schredder-Orgien vernichtet. „Auch in Sachsen bilden Politik und Geheimdienst eine verschworene Koalition der Nicht-Aufklärer“, kritisierte Schimmer. Der amtierende sächsische VS-Chef Gordian Meyer-Plath müsse schon deshalb eine besonders krasse Fehlbesetzung gewertet werden, weil er noch viel tiefer in den NSU-Sumpf verstrickt sei als sein Vorgänger.

Hierzu führte Arne Schimmer weiter aus:

„Herr Meyer-Plath ist in der vergangenen Woche in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses geraten und zum Gegenstand diverser Rücktrittsforderungen geworden, weil er Mitglied einer Bonner Burschenschaft ist. Wenn jedoch irgendwas nicht kritikwürdig an ihm ist, dann ebendiese Mitgliedschaft, die tatsächlich seine Privatangelegenheit ist. Hier hört jedoch meine burschenschaftliche Solidarität auf, denn genauso richtig ist, daß Herr Meyer-Plath nie zum Präsidenten des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutzes hätte aufsteigen dürfen, da er ist knietief in den brandenburgischen V-Mann-Skandal um den wegen versuchten Mordes verurteilten V-Mann Carsten Szczepanski alias ‚Piatto‘ verstrickt ist, dessen V-Mann-Führer er war.

Im August 1998 lieferte ‚Piatto‘ eine Quellenmeldung, nach der sich drei wegen Sprengstoffdelikten gesuchte Untergetauchte, nämlich Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe, im Großraum Chemnitz aufhielten und nun drauf und dran wären, sich zu bewaffnen. Eine Anfrage wegen des Waffenkaufs – die berühmte ‚Hallo, was ist mit dem Bums?‘-SMS – ging dann auch tatsächlich bei einem auf den Brandenburger Verfassungsschutz zugelassenen Handy ein. Es ist bis heute unerklärlich, warum auch diese Information versanden konnte und wieder nichts passierte, obwohl man wohl dem Untergrund-Trio davor und danach nie so nahe kam wie in den Augusttagen 1998, als ‚Piatto‘ seinem V-Mann-Führer Meyer-Plath berichtete.

Es übersteigt jedes Fassungsvermögen, daß ein Mann wie Meyer-Plath, der den Super-GAU bei der Fahndung nach dem Trio zumindest mitzuverantworten hat, für sein Totalversagen, hinter dem möglicherweise weit Schlimmeres als reine Unfähigkeit steht, weil bekanntermaßen ja auch zahlreiche Akten über den V-Mann ‚Piatto‘ nicht mehr auffindbar sind, auch noch reich belohnt wird, die Karriereleiter hochfällt und zum Präsidenten des Landesamtes ernannt wird. Das – und nicht die Mitgliedschaft Meyer-Plaths in einer Burschenschaft – ist ein bodenloser und unfaßbarer Skandal. Und ist nichts anderes als ein Affront gegenüber den Hinterbliebenen der Opfer!“

In einem weiteren Redebeitrag widmete sich der NPD-Fraktionsvorsitzende Holger Szymanski der Affäre um den amerikanischen Geheimdienst NSA. „Hier haben wir im Grunde das gleiche Phänomen: Es kommt heraus, daß ein Geheimdienst, in diesem Fall ein ausländischer Geheimdienst, über viele Jahre im großen Stil Millionen von Kommunikationsverbindungen im Ausland abgehört hat und damit gegen das in den jeweiligen Staaten geltende Recht verstieß, darunter auch in der Bundesrepublik“, so Szymanski. Diese Vorgänge seien noch im Detail aufzuarbeiten. Es bleibe zunächst abzuwarten, ob der Bundestags-Untersuchungsausschuß einen effektiven Beitrag dazu leisten kann.

Holger Szymanski weiter:

„Die Tatsache eines Fehlverhaltens eines – in diesem Fall vermeintlich ‚befreundeten‘ ausländischen Geheimdienstes – führt nun aber nicht etwa dazu, die bisherige Praxis endlich zu beenden; nein, die gegenseitige Bespitzelung unter angeblichen ‚Freunden‘ soll fortgesetzt und sogar ausgebaut werden. Vor kurzem wurde bekannt, daß der Bundesnachrichtendienst seine eigenen Abhör-Kapazitäten massiv erweitern will. Selbstverständlich ist das alles nur gegen das Ausland gerichtet… Wer’s glaubt, wird selig.

Und damit haben wir wieder das gleiche Reaktionsmuster wie beim NSU-Komplex: Statt endlich aus den Fehlern zu lernen und die skandalösen Praktiken der Geheimdienste zu beenden, wird munter weitergemacht. Es werden ein paar kosmetische Korrekturen vorgenommen, statt die Aktivitäten der Dienste endlich zu beschränken oder ihre Existenz endlich einmal grundsätzlich in Frage zu stellen. Im Gegenteil: Die Möglichkeiten der Geheimdienste werden sogar noch ausgebaut!

Wie damit am Ende angeblich die Verfassung geschützt wird, wie insbesondere die Grundrechte der Bürger gewahrt werden, das bleibt das Geheimnis der Geheimdienstbefürworter in den etablierten Parteien.“

Die Erwiderungen aus den Reihen der übrigen Fraktionen fielen inhaltlich äußerst dürftig aus. Die LINKE-Abgeordnete Kerstin Köditz und ihr Antifa-Geistesverwandter, der Grünen-Abgeordnete Miro Jennerjahn, warfen der NPD vor, sie stricke an „Verschwörungstheorien“ und wolle so von ihrer angeblichen Nähe zum NSU ablenken. Die Redner der FDP, nämlich deren rechtspolitischer Sprecher Carsten Biesok sowie Justizminister Dr. Jürgen Martens, stellten wiederum eindrucksvoll unter Beweis, warum ihre Partei von immer mehr Menschen als überflüssig erachtet wird. Statt eine gesunde Skepsis gegenüber staatlicher Spionage an den Tag zu legen, wie man es von Liberalen eigentlich erwarten sollte, präsentierten sie sich einmal mehr als Geheimdienst-Lobbyisten und Freunde des Überwachungsstaates.

Thorsten Thomsen
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
01067 Dresden
Tel.: (0351) 493 49 00
Fax: (0351) 493 49 30

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