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NPD-Fraktion enthält sich bei Abstimmung über die Schuldenbremse

10.07.2013 | von Frank Franz

Dr. Johannes Müller (NPD): „Angesichts der Schlupflöcher und ungelösten Zukunftsfragen wird das Neuverschuldungsverbot in der Landesverfassung wirkungslos bleiben“ Mit der dazu notwendigen Zweidrittelmehrheit wurde heute erstmals seit Gründung des Freistaates Sachsen vor 23 Jahren die Landesverfassung geändert. Nach mehrstündiger, mitunter kontrovers geführter Debatte stimmten CDU und FDP sowie mehrheitlich SPD und GRÜNE und Teile der LINKEN dem Gesetzentwurf zu, der eine Schuldenbremse in der Verfassung des Freistaates Sachsen verankert. Die Abgeordneten der NPD-Fraktion enthielten sich. Der stellvertretende Vorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführer der NPD-Fraktion, Dr. Johannes Müller, stellte dazu in seiner Begründungsrede klar, daß die Nationaldemokraten selbstverständlich das politische Signal eines Verbots der Neuverschuldung auf Kosten künftiger Generationen begrüße, brachte jedoch Zweifel an der konkreten Umsetzbarkeit und der realen Durchführbarkeit im politischen Alltag an. Eine Schuldenbremse könne nur eingehalten werden, wenn der politische Wille dazu vorhanden sei. Hier bestehe seitens der NPD-Fraktion erheblicher Zweifel, insbesondere angesichts der ungelösten Zukunftsfragen des Freistaates wie der sinkenden Bevölkerungszahl, der Entwicklung der Konjunktur, des Auslaufens des Solidarpaktes II und der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs. Dr. Müller hierzu: „Die demographische Katastrophe ist eine Tatsache, auch wenn sie hier gern euphemistisch als ‚demographischer Wandel‘ bezeichnet wird. Schon allein dadurch ist mit Steuerrückgängen zu rechnen. Hinzu kommt, daß Deutschland – und damit auch Sachsen –  mit seiner extrem auf den Export orientierten Volkswirtschaft nicht auf Dauer der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise wird trotzen können. Was aber Sachsen in ganz besonderer Weise bedroht, ist das Auslaufen des Solidarpakts und die von einigen Ländern angestrebte Neuregelung des Länderfinanzausgleichs. Sachsen kann sich schließlich heute seinen Verzicht auf Neuverschuldung nur leisten, weil es von Anderen Geld bekommt – und das wird ganz sicher nicht so bleiben. Diese hier nur kurz und keineswegs abschließend aufgeführten Punkte werden zu einer erheblichen Reduzierung der Einnahmen des Freistaates führen, die – ohne Neuverschuldung – nur durch dramatische Ausgabenkürzungen zu verkraften ist. Und diese Kürzungen werden dann auf Kosten unserer Bürger erfolgen, nicht zuletzt im sozialen Bereich. Insofern darf man heute schon gespannt sein, wie das Sozialstaatsprinzip der Verfassung aufrechterhalten werden soll.“ Die Befürworter der Verfassungsänderung von CDU bis zu Teilen der LINKEN versuchten, den Menschen Sand in die Augen zu streuen, „indem sie eine allgemein positiv bewertete Schuldenbremse verabschieden, ohne die Bürger über die genauen Hintergründe und Risiken zu informieren“, so Dr. Müller. Es verwundere daher auch nicht, daß der Gesetzentwurf kein individuell einklagbares Recht enthalte. Ebenso unberücksichtigt bleibe die gesamtstaatliche Verschuldung, die vor allem durch die „Euro-Rettungsschirme“ rasant zunehme. Zu den ebenfalls erwartbaren Problemen für Sachsens Kommunen führte Dr. Müller abschließend aus: „Es ist zu befürchten, daß die kommunale Ebene am Ende die Zeche für die Schuldenbremse des Landes zahlen muß. Den Kommunen werden schon seit langer Zeit immer neue Aufgaben aufgebürdet, die Geld kosten, ohne daß ein wirklicher Mehrbelastungsausgleich erfolgt. Da sie aber die Aufgaben finanzieren müssen, steigt ihre Verschuldung stetig an. Wirklich ehrlich wäre Ihre Schuldenbremse nur dann, wenn Sie auch eine Schuldenbremse für die Kommunen in die sächsische Verfassung aufnehmen würden.“ In einem weiteren Redebeitrag unterstützte der haushaltspolitische Sprecher der NPD-Fraktion, Arne Schimmer, die Argumentation Dr. Müllers, indem er die schon auf Bundesebene geltende Schuldenbremse als gescheitert bezeichnete. „Ähnlich wie die Schuldenbremse im Grundgesetz, soll auch die Schuldenbremse in der Landesverfassung zwar die Kreditaufnahme des Freistaats begrenzen, was grundsätzlich zu begrüßen ist, sie hat dagegen aber keine begrenzende Wirkung auf eine möglicherweise drohende Neuverschuldung aus Zahlungsverpflichtungen, die der Freistaat außerhalb seines Etats eingeht oder eingegangen ist.“ Konkret nannte Schimmer hier das SachsenLB-Debakel, das auch mit einer Schuldenbremse nicht verhindert worden wäre. Schimmer weiter: „Noch ernüchternder ist ein Blick auf die Erfahrungen des Bundes. Ausgerechnet im Jahr 2010, im ersten Jahr nach der Verankerung der Schuldenbremse im Grundgesetz, erlebte die Bundesrepublik den größten Verschuldungsschub ihrer Geschichte, und die Gesamtverschuldung der öffentlichen Haushalte explodierte um unfaßbare 18 Prozent auf fast zwei Billionen Euro. Allein die Übertragung von Risikopapieren der Hypo Real Estate in die FMS Wertmanagement sowie die Stützungsmaßnahmen für die WestLB erhöhten den Schuldenstand zum Jahresende 2010 um den astronomischen Betrag von 232,2 Milliarden Euro. Schuldenbremsen schützen also nicht vor sogenannten Bankenrettungen, die den Steuerzahler im Zweifelsfall wesentlich mehr kosten als jeder keynesianisch inspirierte Ausgabenexzeß der öffentlichen Hand, so wie schon jetzt – wenn man den Blick auf Sachsen richtet – die Kosten für den SachsenLB-Bankrott die Kosten für den Leipziger City-Tunnel übersteigen.“ Hinzu komme, so Arne Schimmer weiter, der permanente Euro-Rettungsfonds ESM, mit dem ein für die gewählten deutschen Parlamente völlig unkontrollierbares Einfallstor für eine höhere Neuverschuldung installiert worden sei, wobei noch diverse bilaterale Rettungskredite für Griechenland, der deutsche Haftungsanteil an den Schrottpapieren der EZB sowie abzuschreibende Target2-Salden in einen nach realistischen Kriterien berechneten Schuldenstand einbezogen werden müßten. Mit all diesen Maßnahmen sei die Finanzordnung des Grundgesetzes, die auf der Annahme einer bundesstaatlichen Solidargemeinschaft zur gemeinsamen Daseinsvorsorge beruhe, in Schutt und Asche gelegt worden – und das trotz des formalen Bestehens einer sogenannten Schuldenbremse im Grundgesetz. Abschließend erklärte Schimmer zu den Vorstellungen der NPD-Fraktion für eine echte und wirksame Schuldenbegrenzung: „Die Verschuldungsgefahr ist auch für den sächsischen Staatshaushalt sehr real, wirksam bekämpft werden kann sie aber nur durch zwei Maßnahmen: nämlich einerseits durch die konsequente Rückkehr zur Nichtbeistandsklausel innerhalb der Europäischen Währungsunion, die die europäischen Staatshaushalte endlich wieder trennt, und andererseits durch die Einführung einer Schuldenbremse für Banken, die es den Banken durch die Einführung härterer Eigenkapitalvorschriften unmöglich macht, ganze Staaten und Volkswirtschaften durch ihre Spekulationsexzesse an den Rand des Ruins zu bringen.“
Thorsten Thomsen
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
01067 Dresden
Tel.: (0351) 493 49 00
Fax: (0351) 493 49 30

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