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Was wußte man in Sachsen von V-Mann “Piato”?

05.03.2013 | von Frank Franz

Sächsischer „Verfassungsschutz“-Chef Meyer-Plath gerät in NSU-Affäre immer stärker unter Druck Im August 2012 hatte sich Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) den Referatsleiter Gordian Meyer-Plath vom brandenburgischen „Verfassungsschutz“ als Nachfolger des zurückgetretenen Präsidenten des sächsischen „Landesamtes für Verfassungsschutz“ (LfV), Reinhard Boos, ausgeborgt, zunächst für ein halbes Jahr. Im Januar  2013 wurde der Vertrag um ein weiteres halbes Jahr verlängert. Doch wenige Wochen später geriet Meyer-Plath, der eigentlich beim sächsischen Inlandsgeheimdienst aufräumen und reformieren sollte, selbst unter Druck. Es wurde allmählich bekannt, daß Meyer-Plath einer der V-Mann-Führer des brandenburgischen „Verfassungsschutz“-Spitzels „Piato“ alias Carsten Szczepanski war. Am 16. Februar 2013 schließlich räumte Meyer-Plath gegenüber der „Freien Presse“ selbst ein, „Piato‘“ zeitweilig geführt zu haben. Der Fall „Piato“ ist deshalb so brisant, weil der wegen Mordversuchs verurteilte V-Mann im September 1998 gemeldet hatte, der Chemnitzer Jan W. sei beauftragt, das Zwickauer Terror-Trio mit Waffen zu versorgen. Das Geld dafür habe die sächsische Sektion des später verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerks bereitgestellt. Bevor man sich nach Südafrika absetzen wolle, plane man „einen weiteren Überfall“, so Szczepanski alias „Piato“ damals. Beim Brandenburger „Verfassungsschutz“ hielt man die Meldung für glaubwürdig und stufte sie entsprechend hoch ein. Aus Quellenschutzgründen weigerte man sich aber, die Information offiziell an die Thüringer Polizei weiterzugeben, die mit der Fahndung nach dem untergetauchten Trio befaßt war. Diese dramatische Fehlentscheidung, an der Meyer-Plath damals beteiligt gewesen sein könnte, führte letztlich dazu, daß die Sache im Sande verlief und das mutmaßliche Terror-Trio auf freiem Fuß blieb. Der Thüringer Zielfahnder Sven Wunderlich hatte mehrfach die mangelnde Unterstützung durch den „Verfassungsschutz“ kritisiert, so auch bei seiner Vernehmung vor dem NSU-Untersuchungsausschuß des Bundestages Ende Januar. Vermutungen über eine mögliche Deckung durch den „Verfassungsschutz“ machen bereits seit geraumer Zeit die Runde, werden von diesem aber heftig dementiert.
In der gestrigen Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses des Sächsischen Landtages drehte der Zeuge Reinhard Boos nun den Spieß um und zeigte sich verwundert, daß die Thüringer Zielfahndung nie bei seiner Behörde nach Erkenntnissen angefragt habe. Der NPD-Abgeordnete Arne Schimmer fragte den ehemaligen Präsidenten des LfV Sachsen auch nach dessen Wissen über „Piato“. Boos mußte einräumen, zwar von dem Praktikum von Szczepanski gewußt zu haben, nicht jedoch von dessen Tätigkeit als V-Mann. Arne Schimmer erklärte heute zu den Vorgängen um V-Mann „Piato“: „Sofern die Aussage von Reinhard Boos zutrifft und er sich in seinen weiteren Vernehmungen nicht korrigiert, bestätigt sich einmal mehr das unkoordinierte Vorgehen der Sicherheitsbehörden. Der Fall ‚Piato‘ war schon länger ein Synonym für den Einsatz von dubiosen V-Leuten, der zeigt, wie fragwürdig die Praxis der deutschen Inlandsgeheimdienste generell ist. Nun verdichten sich immer mehr die Anzeichen, daß es auch einen Bezug zu Sachsen gibt und Sachsens oberster ‚Verfassungsschützer‘ tiefer in die Affäre verstrickt ist als bisher angenommen wurde. Es stellt sich nun die Frage, ob Sachsens Innenminister bei der Anstellung des neuen ‚Verfassungsschutz‘-Präsidenten wußte, daß Gordian Meyer-Plath durch die ‚Piato‘-Affäre vorbelastet ist. Ich habe heute dazu eine Kleine Anfrage an die Staatsregierung eingereicht. Fest steht schon jetzt: Als zentrale Figur im Fall ‚Piato‘, der so starke NSU-Bezüge aufweist wie kaum ein zweiter V-Mann,  ist Herr Meyer-Plath denkbar ungeeignet für das Amt eines ‚Verfassungsschutz‘-Präsidenten.“
Thorsten Thomsen
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
01067 Dresden
Tel.: (0351) 493 49 00
Fax: (0351) 493 49 30

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