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“Keine Pannen, sondern Muster der Vertuschung!”

19.07.2012 | von Frank Franz

NPD-Fraktion stellt Beweisantrag auf Vernehmung von Innenminister Ulbig In der heutigen siebten Sitzung des Untersuchungsausschusses des Sächsischen Landtages zur mutmaßlichen „Zwickauer Terrorzelle“ reichte der zuständige Obmann der NPD-Fraktion, Arne Schimmer, einen Beweisantrag auf Vernehmung des sächsischen Innenministers Markus Ulbig (CDU) ein. Die NPD-Fraktion möchte eine Klärung zu folgenden Fragen herbeiführen: •    Inwieweit Presseberichte – z. B. in „Spiegel Online“ vom 31.12.2011, unter Berufung auf einen dem „Spiegel“ angeblich vorliegenden Geheimbericht – zutreffen, nach denen die sächsischen Behörden schon im Frühjahr 1999 und mindestens bis 2001 über die Aktivitäten des Trios Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe „genau (…) Bescheid“ wußten, insbesondere darüber Bescheid wußten, daß sich das Trio in Chemnitz aufhielt und bewaffnete Überfälle plante; •    zu welchen Teilen etwaige Informationen über das Trio das Ergebnis der Ermittlungsarbeit der sächsischen Polizei, oder aber des sächsischen „Landesamtes für Verfassungsschutz“ (LfV) waren; •    inwiefern, angesichts der Gefährlichkeit der Gesuchten und der laufenden offiziellen polizeilichen Fahndung, etwaige Parallelaktivitäten des LfV mit der Polizei abgestimmt waren bzw., für den Fall eines unkoordinierten Vorgehens von Polizei und LfV, welche Nachteile daraus entstanden oder entstehen konnten, und inwiefern dies gegen Gesetze oder Dienstvorschriften verstieß; •    ob die Vorgänge zu den erst im Juli 2012 beim LfV aufgefundenen NSU-relevanten Akten mit der Polizei abgestimmt wurden oder vielmehr als Beispiel für ein schädliches unabgestimmtes Vorgehen von LfV und Polizei anzusehen sind; •    ob das LfV im Mai 2000 den wegen einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe sowie wegen des Verdachts auf Vorbereitung von Sprengstoffanschlägen steckbrieflich gesuchten Uwe Böhnhardt auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes in Chemnitz beobachtete (wie von „Spiegel Online“ am 04.12.2011 berichtet), wann und wie das LfV ggf. die entsprechenden Informationen an die zuständige Polizeidienststelle übermittelte und welche polizeilichen Maßnahmen daraufhin durchgeführt wurden; •    wie die angeblich erfolglosen Anwerbeversuche des LfV ausgerechnet im unmittelbaren Unterstützerkreis des Trios Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe zu werten sind, insbesondere welche Abhörmaßnahmen etc. diesen Versuchen vorausgegangen waren, und ob diese nicht zum Auffinden des Trios hätten führen müssen; •    schließlich: inwiefern es seitens sächsischer Regierungsstellen oder der sächsischen Polizei Erkenntnisse über einen etwaigen ursächlichen Zusammenhang gibt zwischen operativen Maßnahmen von Ministerien und Behörden einerseits und dem ansonsten nur schwer nachvollziehbaren und erklärbaren Szenario andererseits, daß es Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe angeblich gelang, auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen fast 14 Jahre „unentdeckt“ zu bleiben, und zwar trotz einer Reihe mutmaßlich von ihnen verübter spektakulärer Verbrechen (Morde, Bankraube), trotz einer nur notbehelfsmäßig konspirativen Lebensweise und trotz einer mit V-Leuten durchsetzten „rechten Szene“; insbesondere: wie verschiedene, in der Öffentlichkeit bekannt gewordene Indizien für eine V-Frau-Tätigkeit Beate Zschäpes zu werten sind, z.B.: •    angebliche Anrufe an Zschäpes Mobiltelefon von einem auf das sächsische Innenministerium zugelassenen Mobiltelefon am 4. November 2011 ab ca. 16 Uhr, obwohl die Nummer Zschäpes der Polizei erst ab ca. 17 Uhr von der Polizei in Erfahrung gebracht worden sein soll (siehe z. B. „Berliner Zeitung“, 31.05.2012: „Gegen die Vermutung, daß ein Polizist anrief, spricht der Umstand, daß die Beamten erst nach 17 Uhr die Handynummer der Flüchtigen in Erfahrung gebracht hatten“), •    Hinweise in der Presse, z. B. „Leipziger Volkszeitung“ („LVZ-Online“), 29.11.2011: „Bei der Aufklärung der Mordspur des Zwickauer Neonazi-Trios gehen die Ermittlungsbehörden, nach Informationen der „Leipziger Volkszeitung“ weiterhin der Frage nach, ob die einzig Überlebende – Beate Zschäpe – zeitweilig auch als Informantin der Sicherheitsbehörden gearbeitet hat. (…) Nach Informationen dieser Zeitung gibt es aus der Zeit zwischen 1998 und 2011 einen Hinweis, offenbar des thüringischen Landeskriminalamtes, wonach Frau Zschäpe staatlicherseits ‚gedeckt’ sei. Dahinter sollen sich Zuträgerleistungen aus der rechten Szene von Beate Zschäpe unter anderem auch für thüringische Sicherheitsbehörden verbergen. In dieser Zeit soll Beate Zschäpe fünf Alias-Namen verwendet haben. 2003 gab es darüber hinaus Kontakte zwischen der Justiz und Vertrauten von Beate  Zschäpe, ob und wie sich die Abgetauchte zurück an die Öffentlichkeit begeben könne.“ •    Aussagen des Vaters von Uwe Mundlos, Prof. Siegfried Mundlos, nach denen dieser von der Polizei unter Druck gesetzt worden sei, keinen Kontakt zu seinem Sohn zu suchen, und ähnliche Aufforderungen auch von Angehörigen der „rechten Szene“ erhalten habe, und zwar mit dem Hinweis, es stecke viel mehr hinter dieser Sache, als man sich vorstellen könne; ferner: Aussage Prof. Mundlos’ über eine anonyme Kontaktaufnahme mit ihm, mutmaßlich seitens einer Behörde, bei der eine angebliche V-Frau-Tätigkeit von Frau Zschäpe angesprochen worden sein soll („Süddeutsche Zeitung“, 03.12.2011). •    Antwort des Strafverteidigers von Beate Zschäpe, Wolfgang Heer, auf die Frage, ob Zschäpe, Böhnhardt oder Mundlos jemals für den Verfassungsschutz gearbeitet haben: „Was Frau Zschäpe betrifft, werde ich die Frage nicht beantworten. Was Herrn Böhnhardt und Herrn Mundlos anbelangt, habe ich keine Informationen. Ich bin aber hoch gespannt, ob staatliche Institutionen in das Geschehen irgendwie involviert waren.“  („Spiegel Online“, 27.12.2011) Arne Schimmer erklärte zum Beweisantrag der NPD-Fraktion auf Vernehmung von Innenminister Ulbig: „Ich bin der festen Überzeugung, daß die von zahlreichen Beobachtern festgestellte Nervosität, die Innenminister Markus Ulbig in den letzten Wochen an den Tag legte, handfeste Gründe hat. Der Versuch von Innenminister Markus Ulbig, die ungeheuerlichen Vorgänge im sächsischen ‚Landesamt für Verfassungsschutz? als ‚Akten-Panne? oder ‚Geheimdienst-Panne? zu bagatellisieren, ist völlig unglaubwürdig. Erst verschwinden im Landesamt Abhörprotokolle mit Bezug zur mutmaßlichen Zwickauer Terrorzelle monatelang in einem Panzerschrank, um unvermittelt wieder aufzutauchen, während weitere geheime VS-Akten ausgerechnet im November 2011, kurz nach dem Auffliegen der mutmaßlichen Zwickauer Terrorzelle, geschreddert werden – das sind keine Pannen, sondern Muster der Vertuschung. Es stellt sich nur noch die Frage, ob Innenminister Ulbig nur komplett die Kontrolle über das Landesamt verloren hat oder er selbst schon aktiv daran beteiligt ist, die dubiosen Aktivitäten des Inlandsgeheimdienstes wissentlich und willentlich zu decken.“
Thorsten Thomsen
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
01067 Dresden
Tel.: (0351) 493 49 00
Fax: (0351) 493 49 30

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