Abgeordnete wegen des Tragens von „Thor Steinar“-Hemden für drei Sitzungen ausgeschlossen – NPD-Fraktionschef Holger Apfel wirft dem Landtagspräsidenten „Polizeistaatsmethoden“ vor
Helle Aufregung heute morgen im Sächsischen Landtag: Nachdem der NPD-Abgeordnete Andreas Storr in einem Hemd der Bekleidungsmarke „Thor Steinar“ zum ersten Tagesordnungspunkt ans Rednerpult trat, wurde er von Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) deswegen mit einem Ordnungsruf verwarnt und aufgefordert, sich umzuziehen. Als Storr dieser Aufforderung nicht nachkommen wollte, hagelte es zwei weitere Ordnungsrufe. Storr wurde damit von der heutigen Sitzung ausgeschlossen und verließ den Saal.
Mittlerweile hatten auch die übrigen Abgeordneten der Nationaldemokraten ihre Sakkos abgelegt, so daß ihre darunter befindlichen „Thor Steinar“-Hemden sichtbar wurden, die allesamt keinerlei politische Botschaften, sondern rein modische Elemente und Schriftzüge zeigten. Vollkommen aus dem Häuschen unterbrach Rößler daraufhin die Landtagssitzung und forderte die Abgeordneten auf, sich umzuziehen. Als diese der Aufforderung ebenfalls nicht nachkommen wollten, wurde die NPD-Fraktion – bis auf den Abgeordneten Storr – für drei Sitzungstage vom Plenum ausgeschlossen.
Dennoch beharrten die NPD-Abgeordneten Holger Apfel, Dr. Johannes Müller, Gitta Schüßler, Alexander Delle, Arne Schimmer, Mario Löffler und Jürgen Gansel weiterhin auf ihrem Recht, als gewählte Volksvertreter in der von ihnen gewählten Kleidung an der Sitzung teilzunehmen. Erst als Landtagspräsident Rößler Polizeikräfte herbeirufen ließ, um die Abgeordneten gewaltsam aus dem Plenarsaal entfernen zu lassen, verließen diese, wüst beschimpft von den Kartellparteienvertretern, den Ort des Geschehens.
Der nächste Akt des absurden Theaters der Scheindemokraten spielte sich dann in der Landtagskantine ab. Nachdem die Abgeordneten sich dort mit ihren „Thor Steinar“-Hemden zum gemeinsamen Mittagessen einfanden, wurden sie während des Essens auf Geheiß des Landtagspräsidenten durch die Polizei abgeführt und bekamen einen Platzverweis für den Kantinenbereich erteilt.
Mit ihrer heutigen Aktion protestierte die NPD-Fraktion gegen einen politisch motivierten „Mode-Exorzismus“, der tief in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen eingreift und willkürlich und ohne Konkretisierung einen Markenboykott herbeiführt. In den letzten Monaten haben in Sachsen, nicht zuletzt im Sächsischen Landtag, politisch motivierte Verbote gegen bestimmte Modemarken wie z. B. „Thor Steinar“ wieder zugenommen. Hinter diesen Verboten steht ein totalitäres politisches Selbstverständnis, das sich unter der Maske der sogenannten „wehrhaften Demokratie“ tarnt. Heute wollte die NPD-Fraktion einen entsprechenden Antrag einbringen, der darauf abzielt, die Grundrechte zu wahren und Kleidungsverbote sowohl im Landtag als auch an Schulen, Universitäten oder anderen öffentlichen Orten wie Fußballstadien aufzuheben.
In einer Erklärung außerhalb der Tagesordnung nach § 91 GO, die der stellvertretende NPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Johannes Müller heute beim Landtagspräsidium zu Protokoll gab, heißt es unter anderem:
„Keiner meiner Fraktionskollegen trägt ein Bekleidungsstück, auf welchem politische Bekenntnisse dargestellt sind oder welches durch sein äußeres Erscheinungsbild nicht zum Rahmen der Sitzungsteilnahme geeignet ist. Nur dieses könnte allerdings unseres Erachtens dafür geeignet sein, die Würde des Hauses zu verletzen.“
Die NPD-Fraktion verstoße nicht gegen die Hausordnung des Sächsischen Landtages, da diese Hausordnung aus guten Gründen keine einzelnen Bekleidungsmarken ausschließe. „Jeder einzelne Abgeordnete ist somit in diesem Rahmen frei, sich zu entscheiden, welche Kleidung er von welcher Firma trägt. Einen Eingriff in diese freie Entscheidung betrachten wir als betroffene Abgeordnete als Verletzung unserer Persönlichkeitsrechte, unserer Freiheitsrechte nach Artikel 2 des Grundgesetzes“, heißt es weiter in der Erklärung.
Zu der heutigen Protestaktion und zu den Reaktionen erklärte der NPD-Fraktionsvorsitzende Holger Apfel nach dem Sitzungsausschluß:
„Mit unserer heutigen Aktion wollten wir auf die Absurdität von Bekleidungsvorschriften im Landtag aufmerksam machen, die in der Vergangenheit bereits zu Platzverweisen von Besuchern führten, obwohl weder in der Geschäfts- noch in der Hausordnung irgendwelche Bekleidungsverbote fixiert sind. Die in der Vergangenheit ausgesprochen Verweise beruhen allein auf der subjektiven Wertung und damit der politischen Willkür des Landtagspräsidenten. Dr. Matthias Rößler beweist damit einmal mehr seine zutiefst freiheitsfeindliche Geisteshaltung. Offenbar fühlt sich der Landtagspräsident durch eine Modemarke so provoziert, daß er sich letztlich nur noch mit blanken Polizeistaatsmethoden zu wehren weiß. Frei gewählte Abgeordnete sollten in einem deutschen Parlament wegen ihrer Kleidung von Polizisten aus dem Plenarsaal geprügelt werden – damit hat Rößler endgültig die Maske des sauberen Demokraten fallen lassen.
Das Vorgehen dieses Landtagspräsidenten und der gesamten politischen Klasse erinnert an dunkelste Zeiten des DDR-Unrechtsregimes. Wurde man damals drangsaliert und eingeknastet, wenn man Jeans der amerikanischen Marke ‚Levi’s’ trug, reicht heute offenbar ein ‚Thor Steinar’-Markenzeichen aus, um den Repressionsapparat der zu einem Gesinnungsstaat mutierten Republik anzuschmeißen. Gerade vor diesem Hintergrund erscheint es als pure Heuchelei, wenn sich Vertreter des etablierten Polit- und Kulturbetriebes für Julia Tymoschenko in der Ukraine einsetzen und zum Boykott der Fußball-EM aufrufen.
Selbstverständlich werden wir gegen die von Landtagspräsident Matthias Rößler verhängten Maßnahmen Klage vor dem sächsischen Verfassungsgerichtshof in Leipzig einlegen. Wir werden uns auch weiterhin unser gutes Recht nehmen, unser Mandat – im Rahmen von Recht und Gesetz – so auszuüben, wie wir es für richtig erachten. Bekleidungsvorschriften sind einer freiheitlichen Gesellschaft absolut unwürdig.“
Thorsten Thomsen
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
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