Aktuell

Kein Aufklärungsinteresse der Staatsregierung und der Blockparteien

01.12.2011 | von Frank Franz

Innenausschuß lehnt Aufklärung möglicher Verstrickungen des sächsischen Verfassungsschutzes in das Geschehen um die „Zwickauer Zelle“ ab Auf Antrag der NPD-Fraktion trat der Innenausschuß des Sächsischen Landtages heute zu einer Sondersitzung zusammen. Auf der Tagesordnung stand der Dringliche Antrag der NPD-Fraktion zum Thema „Mögliche Aktenvernichtung beim ‚Landesamt für Verfassungsschutz’ sofort stoppen – Spitze des Geheimdienstes sofort vom Dienst suspendieren – mögliche Beweismittelvernichtung verhindern“ (Drs. 5/7547). Bereits in der Plenarsitzung des Sächsischen Landtages am 24. November 2011 wurde die Behandlung des Dringlichen Antrages von den fünf Fraktionen der Blockparteien abgelehnt. Hintergrund des Dringlichen Antrages war ein Bericht der „Sächsischen Zeitung“ vom Vortag. Unter der Überschrift „Wollen die Behörden die Nazi-Morde gar nicht aufklären? – Alle Bundestagsfraktionen fordern bei den Ermittlungen eine umfassende Fehleranalyse. Dabei hegen sie einen schweren Verdacht.“ wird in dem Artikel wiedergegeben, daß im Bundestag ein großes Mißtrauen in erster Linie gegen die Landesämter für Verfassungsschutz in Thüringen und Sachsen im Fall der „Zwickauer Zelle“ herrsche und gemutmaßt werde, daß dort verschleiernd gehandelt wird und man nicht sicher sei, „ob dort nicht gerade die Reißwölfe heiß laufen“. Die NPD-Fraktion hält die Vermutung, daß auch beim sächsischen „Landesamt für Verfassungsschutz“ Beweismittel über Kenntnisse dieser Behörde rund um die „Zwickauer Zelle“ oder gar über eine Beteiligung existieren könnten und nun gezielt vernichtet werden sollen, für möglich. Eine ganze Reihe von Indizien, die bislang in die Öffentlich gelangt sind, lassen den Schluß zu, daß eine Manipulation oder gar eine Beteiligung der Verfassungsschutzämter an den Geschehnissen nicht auszuschließen ist. Folgende Indizien lassen eine Beteiligung des „Verfassungsschutzes“ oder anderer Geheimdienste denkbar erscheinen:

  • Am 4.11.2011 fand in Eisenach der Banküberfall der beiden mutmaßlichen Täter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt statt. Wenige Stunden später wurden beide in einem Wohnmobil erschossen aufgefunden. Das Wohnmobil ging anschließend in Flammen auf. In Presseberichten vom 8.11.2011 werden zwei Augenzeugenberichte zitiert, die übereinstimmend von der Existenz einer dritten Person berichten, die, nachdem das Wohnmobil in Fallen aufging, aus dem Führerhaus sprang und flüchtete. Die Zeugen sprechen auch von einem Hubschraubereinsatz der Polizei mit einer Wärmebildkamera, um die dritte Person ausfindig zu machen. Es steht die Frage im Raum, ob diese dritte Person möglicherweise Mitarbeiter eines Geheimdienstes war und warum, wie auch in den anderen Mordfällen, dieser am Tatort war.

 

  • Der Verbindung zwischen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt und den sogenannten Döner-Morden ist bislang durch die Tatwaffe, einer  Ceska Typ 83, und einem sogenannten Bekennervideo hergestellt worden, die beide in der Zwickauer Brandruine gefunden wurden. Es ist nicht auszuschließen, daß beide Beweismittel den Ermittlungskräften untergeschoben sein könnten. Hinsichtlich der Tatwaffe hatte das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ noch in seiner Ausgabe vom 21.08.2011 darüber berichtet, daß „ein Informant aus der mafiösen Organisation türkischer Nationalisten, die für die Taten (Anmerkung: gemeint sind die neun Döner-Morde) verantwortlich sein sollen“, nach Spiegel-Informationen, bereit sei, „die Ermittler zur Tatwaffe, einer Ceska Typ 83, zu führen. Die Pistole befindet sich angeblich in einer Villa in der Schweiz in der Nähe des Bodensees.“ Weiter heißt es in dem Spiegel-Artikel: „Die Ermittler hatten ihn dazu überreden wollen, die Waffe selbst zu holen und über die Grenze nach Deutschland zu bringen. Sollte es bei zufälligen Kontrollen mit der Ceska erwischt werden, wolle man ‚nur zum Schein’ gegen ihn ermitteln. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg bestätigte die Verhandlungen mit dem V-Mann, erklärte jedoch, eine Einflußnahme auf Gerichte käme nicht in Frage.“ Folgt man dem „Spiegel“-Bericht, so steht die Frage im Raum, wann, wie und durch wen die Tatwaffe in die Zwickauer Brandruine gelangt ist.

 

  • Es halten sich hartnäckig die Gerüchte, trotz Dementi des Thüringer „Landesamtes für Verfassungsschutz“, daß im Personenkreis um die sogenannte Zwickauer Zelle mindestens ein V-Mann aktiv war. Nach Informationen der „Leipziger Volkszeitung“ vom 29.11.2011 soll Beate Zschäpe zwischen 1998 und 2001 Zuträgerleistungen erbracht haben und sie staatlicherseits gedeckt worden sein. Sollte es zutreffend sein, daß sie ggf. auch vor polizeilichen Ermittlungen abgeschirmt worden ist, wofür es auch Hinweise aus anderen Quellen gibt, dann ist es sogar sehr wahrscheinlich, daß Polizei und „Verfassungsschutz“ in Sachsen an solchen Abschirmungsmaßnahmen mit beteiligt waren.

 

  • Der „Stern“ berichtet in der heutigen Ausgabe darüber, daß im Zusammenhang mit dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Baden-Württemberg, Mitarbeiter sowohl des Verfassungsschutzes als auch des US-Militärgeheimdienstes DIA Zeuge des Geschehens waren. Auch bei sechs Mordfällen im Zusammenhang mit den sogenannten Döner-Morden soll ein Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes zur Tatzeit an den Tatorten anwesend gewesen sein. Als der Mitarbeiter des hessischen „Verfassungsschutzes“, aus dieser Behörde ausschied, endete im Jahr 2007 die Mordserie. Die entsprechenden Dementis von verschiedenen Landesämtern des „Verfassungsschutzes“ sind bislang schwach begründet und könnten auch lediglich einem möglichen Verschleierungsinteresse der Verfassungsschutzämter geschuldet sein.

 

  • Bei der Spurensuche in der Zwickauer Brandruine wurden auch ein sogenannter legaler illegale Personalausweis gefunden, der Anfangs auch den Verdacht nährte, daß dieses Dokument für einen V-Mann-Einsatz beschafft worden ist. Inzwischen wird die Version verbreitet, daß der gültige Personalausweis auf der Grundlage eines gefälschten Personalausweises ausgestellt worden ist. Woher der gefälschte Personalausweis kam und auf welche Person, erfunden oder tatsächlich existent, der gefälschte Ausweis ausgestellt war, wurde bislang nicht beantwortet. Die Ermittlungsbehörden verweigern bislang jede inhaltliche Stellungnahme zu diesem Komplex.

 

  • Ein am Löscheinsatz beteiligter Feuerwehrmann sieht einige Umgereimtheiten im Zusammenhang mit den Beweisfunden, der Tatwaffe der sogenannten Döner-Morde, einem USB-Stift mit den Namen politischer Gegner und mehreren Bekenner-Videos, die erst zwei Tage nach dem Brand in der Brandruine gefunden wurden.

Der NPD-Abgeordnete und Mitglied des Innenausschusses Andreas Storr hatte in der Sondersitzung auf diese Indizien, die eine Beteiligung auch des sächsischen „Verfassungsschutzes“ möglich erscheinen lassen, hingewiesen und die Staatsregierung aufgefordert, auch in diese Richtung Aufklärungsarbeit zu leisten. Nach der Sondersitzung des Innenausschusses des Sächsischen Landtages erklärte der Obmann der NPD-Fraktion: „Der Antrag der NPD-Fraktion wurde erwartungsgemäß von den anwesenden Mitgliedern des Innenausschusses, die den Blockpartei-Fraktionen angehören, abgelehnt. Die Erwiderung der Staatsregierung auf den Antrag meiner Fraktion war äußerst knapp und nichtssagend. Auf meine Nachfrage hat die Staatsregierung zu erkennen gegeben, daß sie im Zusammenhang mit einer möglichen Geheimdienstaffäre im Zusammenhang mit dem Zwickauer Trio keine Aufklärung betreiben möchte. Die Parlamentarische Kontrollkommission des Sächsischen Landtages hat sich aus Sicht der NPD-Fraktion als untauglich erwiesen, die Frage nach der Rolle des Verfassungsschutzes im Zusammenhang mit den Mordfällen zu beantworten: Der Verfassungsschutz bestimmt selbst, welche Informationen er den Mitgliedern der Parlamentarischen Kontrollkommission bekannt gibt. Ob die Informationen vollständig und richtig sind, können die Mitglieder nicht überprüfen. Eine Kontrolle der Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz kann so effektiv nicht geleistet werden. Da die Aktionen des Verfassungsschutzes auch nicht Gegenstand eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens sind, kann auch aus der Justiz heraus keine Aufklärungsarbeit geleistet werden. Deshalb ist aus Sicht der NPD-Fraktion die Staatsregierung selbst am Zug, um die notwendige Aufklärung über die Rolle des sächsischen Verfassungsschutzes bei der sogenannten Zwickauer Zelle zu betreiben. Allein die genannten Indizien und die Fragen, die sich daraus ableiten, machen eine solche Kontrolle des Verfassungsschutzes notwendig. Sollte die Aufklärung durch die Staatsregierung unterbleiben, muß sie sich den Vorwurf gefallen lassen, daß sie möglicherweise das Wissen über illegale Aktivitäten bzw. die Beteiligung an illegalen Aktivitäten politisch decken will und deshalb an einer Aufklärung gar nicht interessiert ist. Dieser Eindruck wurde bei mir noch durch die Aussage der Staatsregierung auf meine Frage verstärkt, wieso man annehme, daß beim Verfassungsschutz keine Akten geschreddert werden. Der bloße Hinweis auf eine entsprechende Beteuerung des Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz ist geradezu lächerlich und zugleich Anlaß zu großer Sorge. Es kann sich aber noch als großer Fehler erweisen, über die von der NPD-Fraktion aufgeworfene Frage nach der Rolle des Verfassungsschutzes den Mantel des Schweigens legen zu wollen. Der Fall um die sogenannte Zwickauer Zelle kann noch zu einer ungeahnten Wendung führen, bei der die bisherigen Theorien in sich zusammenbrechen und alle diejenigen, die vorschnell einem ‚rechten Terrorismus’ das Wort geredet haben, wie begossene Pudel dastehen. Wenn es ein Wissen und womöglich eine direkte oder indirekte Beteiligung des Verfassungsschutzes geben sollte, dann wäre der Rücktritt des sächsischen Innenministers fällig – auch weil man die notwendige Aufklärung nicht betrieben hat.“
Thorsten Thomsen
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
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