“Fünf Jahre Erfolg für Sachsen” – ausgerechnet unter diesem Arbeitstitel hielt Ministerpräsident Stanislaw Tillich seine letzte Regierungserklärung vor dem Beginn der Sommerpause. Der NPD-Fraktionsvorsitzende Holger Apfel nahm in seiner Entgegnung auf den Ministerpräsidenten diese Steilvorlage gerne auf und mutmaßte, daß dieser die Legislaturperiode mit einer kabarettistischen Einlage beenden wolle. Tillich und sein Kabinett wisse nur zu gut, “daß die vierte Legislaturperiode seit der Wiedergründung des Freistaats nun wahrlich nicht von Erfolgen gezeichnet, sondern die mit Abstand schwächste aller bisherigen war”. Der NPD-Fraktionsvorsitzende nannte als Begründung unter anderem den “dramatischen Anstieg von Kriminalität durch mangelhafte Grenzsicherungsmaßnahmen und den Abbau von Polizeidienststellen”, einen “Justizminister, der sich mehr um die Sicherstellung eines Toilettendeckels in Itzehoe als um sein eigentliches Ressort kümmert” sowie die fehlende Hilfe für Mittelständler wie Erba Lautex in Neugersdorf, Biria Bike in Neukirch, PALLA in St. Egidien, Enka in Elsterberg oder den Halbleiterhersteller Qimonda in Dresden.
Am Ende der vierten Legislaturperiode stehe auch fest, so Apfel, daß die beiden zentralen Leuchtturmprojekte seit der Wiedergründung des Freistaates nicht mehr existieren. Die Sächsische Landesbank habe in einem Notverkauf an die Landesbank Baden-Württemberg veräußert werden müssen und seit der Insolvenz des größten ostsächsischen Arbeitgebers Qimonda müsse auch das ambitionierteste Leuchtturmprojekt in Mitteldeutschland, nämlich der Aufbau einer konkurrenzfähigen Halbleiterindustrie in und um Dresden, als gescheitert gelten. Apfel erinnerte daran, daß die frühzeitigen Warnungen der NPD-Fraktion vor schweren Aufsichts- und Kontrollmängeln bei der sächsischen Landesbank entweder in den Wind geschlagen oder lächerlich gemacht wurden. Als Beispiel nannte Apfel den Auftritt des damaligen stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden und heutigen Landwirtschaftsministers Frank Kupfer, der die Beantragung eines Untersuchungsausschusses zur Sächsischen Landesbank schon im Januar 2005 als “Politklamauk der Neonationalsozialisten” bezeichnet hatte.
Apfel kritisierte die völlige Passivität von Ministerpräsident Tillich bei den Rettungsbemühungen für den insolventen Chiphersteller Qimonda, die sich negativ von entsprechenden Aktivitäten anderer Ministerpräsidenten abhebe. Der NPD-Fraktionsvorsitzende rechnete noch einmal vor, daß in den vergangenen beiden Jahrzehnten insgesamt 13 Milliarden Euro an öffentlichen Geldern in die sächsische Halbleiterindustrie gesteckt wurden, mit denen weitaus mehr bewegt hätte werden können, “in die Förderung jenes Mittelstandes gesteckt hätte, der schon jetzt der Arbeitsplatz-Motor des Landes ist und der seine großen wirtschaftlichen Leistungen ohne Milliardensubventionen erbringt.
Daran anknüpfend äußerte Apfel:
“Der einst unter Kurt Biedenkopf erworbene Ruf der Sachsen-CDU als Wirtschaftspartei ist in dieser Legislaturperiode unter dem Sachsen-Pleitier Georg Milbradt und dem Zauderer Stanislaw Tillich jedenfalls endgültig und irreversibel Geschichte geworden.
Gerade Sie, Hr. Tillich wollen aber wohl noch einen draufsetzen und werden nun ausgerechnet bei einem Thema aktiv, daß dazu geeignet ist, den Menschen in Sachsen den wirklich größtmöglichen Schaden zuzufügen. Die Rede ist von ihrem unablässigen Einsatz für die sofortige Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für osteuropäische Arbeitnehmer – und das ausgerechnet in Zeiten, in denen wir die größte Wirtschaftskrise seit Menschengedenken erleben.”
Offensichtlich, so Apfel weiter, sei dem Ministerpräsidenten alles daran gelegen, “die bestehende Arbeitsmarktkrise durch die sofortige Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit auch noch zu potenzieren”. Die ständige Forderung nach sofortiger Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit seitens des Ministerpräsidenten könne eigentlich nur den Hintergrund haben, daß dieser in seinem Selbstverständnis “eben nicht der Ministerpräsident aller Sachsen, sondern ein einseitiger Vertreter von Arbeitgeberinteressen sei.”
Scharfe Kritik übte Apfel auch an der “überstürzten Grenzöffnung zu Polen und Tschechien”. Knapp 18 Monate nach der Erweiterung des Schengen-Raumes komme man um die Feststellung nicht herum, “daß es sehr wohl schlechter um die innere Sicherheit bestellt ist als vor der Grenzöffnung”. Konkret nannte der NPD-Fraktionsvorsitzende die Explosion des Autodiebstahls, die sich auch noch zunehmend ins Landesinnere verlagere. Vor dem Hintergrund der von der sächsischen Polizei gemeldeten Horrorzahlen halte die NPD es für “unverantwortlichen Wahnsinn, parallel zur Grenzöffnung auch noch die Bundespolizei im grenznahen Gebiet abzubauen”.
Eine “folgenlose Ankündigungsrhetorik” habe sich Innenminister Buttolo aber nicht nur in der Frage der Grenzöffnung geleistet, “sondern auch beim Herumgeeiere in der Frage einer öffentlichen Täterdatei für Sexualstraftäter.” Die sei von Buttolo zweimal angekündigt worden, zuerst schon vor mehr als zwei Jahren im März 2007 in der allgemeinen Erregung kurz nach dem Mord an dem neunjährigen Mitja in Leipzig und nun im Zuge des Vorwahlkampfes der Landtagswahlen. Dies und die nicht erfolgte Realisierung der Ankündigungen zeige, daß Buttolo “Schindluder mit dem bitterernsten Thema des Kinderschutzes” betreibe.
Am Ende seiner Rede äußerte Apfel:
“Wie beim Thema der möglichen Einführung einer öffentlich einsehbaren Sexualstraftäterdatei sieht es auch auf vielen anderen Politikfeldern aus. Gerade auf den wichtigsten Politikfeldern, in denen es wahrlich um das Sein oder Nicht-Sein des Freistaates geht, hat sich nichts getan. Der Bevölkerungszusammenbruch setzt sich mit unveränderter Dramatik und Wucht fort, die seit der Wende 89/90 niemals abgebremst werden konnte. Alte Kulturlandschaften veröden wie zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges. Und die Antwort der Staatsregierung besteht darin, das Land in Metropolregionen und Entleerungsräume aufzuteilen und die Infrastruktur dann aus Kostengründen möglichst vollständig zu schleifen, bloß um in anderen Regionen mit Milliardensummen wolkenkuckuckshafte ‚Leuchtturmprojekte‛ hochzuziehen…
Ihre heutige Regierungserklärung erinnerte an das Blasen einer Vuvuzela – Sie wissen schon, daß sind die Plastiktrompeten, mit denen zur Zeit beim Confederations Cup in Südafrika ein Höllenlärm veranstaltet wird -: Ein Schwall heiße Luft, ein lautes Tröten, aber mehr ist nicht dahinter!”
24.06.2009
Arne Schimmer
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
01067 Dresden
Tel.: (0351) 493 49 00 // (0170) 18 74 207
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