Laut einer neuen Armutsstudie des Paritätischen Gesamtverbandes führt fast jeder fünfte Sachse (19,6 Prozent) – insgesamt rund 820 000 Personen – ein Leben unter oder an der Armutsschwelle; das heißt, daß er mit weniger als 60 Prozent des mittleren, im Bundesdurchschnitt gezahlten Einkommens auskommen muß.
Der Paritätische Gesamtverband hat zudem die Armut in den einzelnen Regionen untersucht und dazu einzelne Kreise und Kreisfreie Städte zu “Raumordnungsregionen” zusammengefaßt. Laut dem erstmals veröffentlichten Armutsatlas ist innerhalb des Freistaats die Armutsquote mit 21,9 Prozent in der Raumordnungsregion Westsachsen, die aus den Landkreisen Nordsachsen und Leipziger Land sowie der Kreisfreien Stadt Leipzig besteht, am höchsten. Im Oberen Elbtal/Osterzgebirge lag sie mit 20,1 Prozent ebenfalls über dem Landesschnitt, in der Oberlausitz/Niederschlesien (18,8 Prozent) und in Südsachsen (18,2 Prozent) dagegen darunter.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der NPD-Fraktion Jürgen Gansel äußerte heute dazu:
“Die Zahlen aus der neuen Armutsstudie sind eine Ohrfeige für das sächsische Polit-Establishment! Zwei Jahrzehnte nach der Wende, zwei Jahrzehnte nach dem Versprechen von Helmut Kohl, blühende Landschaften zu schaffen, ist Armut in Sachsen kein Randphänomen, sondern eine traurige Normalität, die breite Bevölkerungsschichten betrifft. Besonders bedenklich ist, daß Sachsen in der Armutsstudie des Paritätischen Gesamtverbandes auch innerhalb der Gruppe der mitteldeutschen Bundesländer nur mittelmäßige Werte aufweist – nur für Mecklenburg-Vorpommern und für Sachsen-Anhalt wurden noch höhere Armutsquoten als für den Freistaat ermittelt.
Diese Ergebnisse sind schon erschreckend genug. Erschwerend kommt aber noch hinzu, daß sich der Paritätische Gesamtverband in seinem Armutsatlas auf Daten des Mikrozensus 2007 des Statistischen Bundesamtes bezieht und die Datengrundlage für den Armutsatlas somit noch aus einem Jahr stammt, in dem in ganz Deutschland noch über einen vermeintlichen Aufschwung geredet wurde. Wenn sich aber schon in einem vermeintlichen Aufschwungsjahr die Armutssituation in Deutschland so dramatisch dargestellt hat, wie sie der Armutsatlas ausweist, dann stellt sich die Frage, welche verheerenden Folgen erst die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise nach sich ziehen wird. Die Autoren der Armutsstudie rechnen jedenfalls mit einer weiteren dramatischen Spreizung der sozialen Unterschiede in Deutschland im Gefolge der laufenden Wirtschaftskrise.
Klartext sprechen die Autoren der Studie auch mit Blick auf die sich vertiefenden regionalen Unterschiede in der Armutsverteilung, die sich selbst innerhalb einzelner Bundesländer immer stärker vertieft. Das Fazit des Paritätischen Gesamtverbandes, daß insbesondere die ländlichen Regionen Mitteldeutschlands in einem ‚Teufelskreis der Verarmung‛ stecken, zeigt, daß die von der Sächsischen Staatsregierung in den beiden letzten Jahrzehnten betriebene Leuchtturmpolitik einen Scherbenhaufen hinterlassen hat. Die vielbeschworene ‚Leuchtturmpolitik‛ der letzten Jahre hat sich eigentlich nur darauf beschränkt, daß in einigen wenigen Stadtvierteln sächsischer Großstädte Potemkinsche Dörfer in Form einzelner weltmarktorientierter Konzernfillialen errichtet wurden, die nun in der Krise wieder in sich zusammenfallen, während die Breite des Landes mehr und mehr zum Armenhaus verkommt, in dem junge Menschen regelrecht zur Abwanderung aus ihren Heimatregionen gezwungen sind, weil es vor Ort keine Arbeit mehr für sie gibt.
Die Ausbreitung der Armut in Sachsen zu bekämpfen, bedeutet also nicht zuletzt die gescheiterte Leuchtturmpolitik der Staatsregierung einzustellen und eine regionale Strukturpolitik zu betreiben, die diesen Namen verdient. Auch mit Bezug auf die regionale Wirtschaftsförderung muß endlich wieder das Solidarprinzip, das heißt die Stärkung der schwachen Regionen gelten, statt einen hirnlosen und alle sächsischen Regionen gleichermaßen schwächenden Wettbewerbsföderalismus zu praktizieren, der die Kluft zwischen armen und wohlhabenderen Regionen immer tiefer werden läßt.”
19.05.2009
Arne Schimmer
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
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