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„Nutzung des Leipziger Flughafens unvereinbar mit Zwei-plus-Vier-Vertrag“

28.04.2009 | von Frank Franz

Gestern fand im Sächsischen Landtag die Öffentliche Anhörung zum Antrag “Ausmaß, Folgen, Gefahren und Risiken der militärischen Nutzung des Flughafens Leipzig-Halle als zentrales Drehkreuz für US-Militär” (Drs. 4/14663) statt. Als von der NPD-Fraktion benannter Sachverständiger nahm auch der in der Regierung von Ministerpräsident Lothar de Maizière zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des “Zwei-plus-Vier”-Vertrages” mit der Geschäftsführung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der DDR beauftragte Staatssekretär, also praktisch der letzte DDR-Außenminister, Dr. Kersten Radzimanowski, teil. Herr Dr. Radzimanowski ist heute Mitglied der NPD und bewirbt sich zu der kommenden Bundestagswahl als Direktkandidat der NPD im Wahlkreis 60 (Märkisch Oderland) für ein Mandat im Deutschen Bundestag.

 
Der Sachverständige, der die Verhandlungen über den “Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland” (“Zwei-plus-Vier”-Vertrag) aus nächster Nähe persönlich miterlebte und wie kaum ein anderer über den politischen und rechtlichen Hintergrund des Vertrages informiert ist, stellte zusammenfassend fest:
 
“Aus meinen Ausführungen dürfte ersichtlich sein, daß die Nutzung des Leipziger Flughafens durch US-Streitkräfte unvereinbar ist mit Geist wie auch Buchstaben des ‚Zwei-plus-Vier’-Vertrages. Es wäre eine verantwortungsvolle Politik, wenn die Landesregierung dies mit allem Nachdruck gegenüber der Bundesregierung zum Ausdruck bringen und einen sofortigen Stopp der Vertragsverletzung einfordern würde. Das müßte doch um so leichter fallen, als die heutige Bundeskanzlerin Dr. Merkel in der DDR-Regierungsdelegation als stellvertretende Regierungssprecherin der Unterzeichnung des Vertrages in Moskau persönlich beiwohnte.
Doch neben dem rechtlichen Aspekt sehe ich noch einen moralischen. Vor 20 Jahren waren es die Bürger Leipzigs, sächsische Patrioten, die mit ihren Montagsdemonstrationen den Weg für ein freies, demokratisches, geeintes Deutschland bereiteten. Möge dieses Hohe Haus diesem Land und allen Bürgern der ehemaligen DDR mit einem klaren Votum gegen die Nutzung Leipzigs durch US-Militärs den Respekt zollen, der dem Mut und der Entschlossenheit der deutschen Freiheitskämpfer von 1989 würdig ist.”
 
Von den übrigen sechs Sachverständigen vertrat lediglich der von den Regierungsparteien einbestellte Leipziger Völkerrechtler Professor Markus Kotzur die Auffassung, daß die Militärflüge rechtlich in Ordnung seien. Er argumentierte hauptsächlich mit einer Protokollnotiz zum Vertrag, die, wie der Sachverständige Dr. Radzimanowski erläuterte, im allerletzten Moment vor Vertragsunterzeichnung (September 1990) von den Engländern geradezu erpresserisch erzwungen wurde. Diese Protokollnotiz stellt den Artikel 5 Absatz 3 des Vertrages, in dem die Stationierung und Verlegung von ausländischen Truppen auf dem ehemaligen DDR-Gebiet ausdrücklich verboten wird, scheinbar auf den Kopf, und zwar indem die Auslegung des Begriffs “Verlegen” (von Truppen) der BRD-Regierung anheimgestellt wird.
 
Wie Herr Dr. Radzimanowski klarstellte, bedeutet diese Protokollnotiz allerdings nicht, daß die Bundesregierung Truppenbewegungen nach Gutdünken als Nicht-Verlegung bezeichnen und entsprechend zulassen darf. Vielmehr muß dies “vernünftig und verantwortungsbewußt (…) im Sinne der Präambel des Vertrages” und unter Berücksichtigung der Interessen aller Vertragsparteien entschieden werden. Daß dies geschehen sei, vermochte auch nicht der von der Regierungsseite bestellte Sachverständige, Professor Kotzur, nachzuweisen. Er konnte lediglich auf eine Antwort der Bundesregierung vom 19. Februar 2007 auf eine Kleine Anfrage verweisen (Bundestagsdrucksache 16/4343), äußerte jedoch die “Vermutung” (!), daß die Bundesregierung erst nach eingehender Konsultation und Abstimmung mit allen Beteiligten in die US-Militärflüge eingewilligt habe.
 
Hierzu sagte der während der Anhörung anwesende NPD-Abgeordnete Rene Despang:
 
“Die Tatsache, daß nicht einmal der praktisch von der Staatsregierung bestellte Gutachter und mit der Angelegenheit direkt befaßte Völkerrechtler in der Lage ist, eine Abwägung der Bundesregierung zwischen dem strikten Stationierungs- und Verlegungsverbot im Vertrag selbst einerseits und dem Ermessensspielraum im Rahmen der Protokollnotiz andererseits nachzuweisen oder überhaupt glaubhaft zu machen, spricht Bände. Wenn man zudem weiß, daß die Staatsregierung in ihren Antworten auf frühere parlamentarische Anfragen der Opposition im Sächsischen Landtag, u.a. der NPD-Fraktion 2006, peinlich vermieden hat, die Protokollnotiz überhaupt zu erwähnen, wird einem klar, daß der Einwilligung der Bundesregierung in die Leipziger US-Truppentransporte eher gar keine richtige Würdigung des ‚Zwei-plus-Vier’-Vertrages vorausgegangen sein dürfte. Nach einer diesbezüglichen Frage von mir stellte Herr Dr. Radzimanowski in der Anhörung fest, daß auch er keine vertragskonforme Klarstellung der Bundesregierung über den völkerrechtlichen Charakter der Truppentransporte kenne, und daß es diese wohl schon deswegen auch gar nicht geben dürfte, weil sie nur zu Widersprüchen und Gegendarstellungen führen würde. Das trifft meiner Meinung nach dem Nagel genau auf den Kopf und wirft ein entlarvendes Licht auf die grobe Verletzung des ‚Zwei-plus-Vier’-Vertrages durch die US-Truppentransporte über den Flughafen Leipzig-Halle.”
 
Zu den rein politischen Ausführungen des letzten amtierenden Außenministers der DDR im Zusammenhang mit den Leipziger US-Militärflügen äußerte sich René Despang wie folgt:
 
“Nicht zuletzt beeindruckte Dr. Radzimanowskis klare politische Feststellung, daß eine der seinerzeitigen Vertragsparteien, nämlich der inzwischen erloschene Staat DDR und seine Bevölkerung, also die Bevölkerung der heutigen neuen Bundesländer, einhellig jede Form von NATO-Beitritt ablehnte. ‚Es gab in der DDR-Bevölkerung eine deutliche Mehrheit für die deutsche Vereinigung, aber in der Ablehnung der Nato-Zugehörigkeit stimmten die DDR-Bürger völlig überein’, stellte er wörtlich fest. Insofern stellt die De facto-Teilumfunktionierung des Flughafens Leipzig-Halle in eine feste Militäreinrichtung der US-Armee auch aus meiner Sicht einen eklatanten Verrat an der mitteldeutschen Bevölkerung und ihrer friedlichen Revolution dar, und zwar sogar auch ohne Berücksichtigung der enormen Belastung der Flughafenanwohner durch nächtlichen Fluglärm. Gerade diese bedeutet jedoch darüber hinaus auch einen ganz konkreten Verrat der politisch Verantwortlichen an den betroffenen Menschen und ihren Lebensinteressen.”
 
Im übrigen brachte die Anhörung das klare Ergebnis, daß zumindest der Irak-Krieg nach weit überwiegender Meinung der Völkerrechtler völkerrechtswidrig sei und damit einen verbrecherischen Angriffskrieg darstelle. Dies mußte sogar der “regierungsamtliche” Sachverständige, Professor Kotzur, zugeben.
 
Daraus ergibt sich aber, wie die Mehrzahl der Sachverständigen feststellte, daß die logistische Unterstützung dieses Angriffskrieges durch die Gewährung von Überflug- und Landerechten und die Bereitstellung des Flughafens Leipzig-Halle gegen Artikel 26 Absatz 1 Grundgesetz verstößt, in dem es wortwörtlich heißt:
 
“Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.” (Art. 26 Abs. 1 GG)
 
28.04.2009
 
Arne Schimmer
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
01067 Dresden
Tel.: (0351) 493 49 00 // (0170) 18 74 207
 
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