Aktuell

“Artikel 146 GG als Ausweg aus einer verfahrenen Lage”

13.02.2009 | von Frank Franz

Das deutsche Beitrittsgesetz zum sogenannten Lissabonner Vertrag oder EU-Reformvertrag wurde am 24. April 2008 vom Bundestag beschlossen. Seit vorgestern wird vor dem Bundesverfassungsgericht über mehrere Verfassungsklagen gegen das Gesetz verhandelt. Kläger sind der Bundestagsabgeordnete Dr. Peter Gauweiler, der Staats- und Europarechtler Professor Karl Albrecht Schachtschneider sowie die Linksfraktion im Bundestag.

 
Die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag hat in einer Reihe von parlamentarischen Initiativen und Stellungnahmen die Grundgesetzwidrigkeit des Lissabonner Vertrages und des inzwischen bereits endgültig gescheiterten Vorgängervertrages „EU-Verfassung“ thematisiert. In Sachen EU-Verfassung stellte die Fraktion bereits 2005 den Antrag, Sachsen möge eine Abstrakte Normenkontrollklage gegen das deutsche Beitrittsgesetz beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Im Rahmen der parlamentarischen Behandlung dieses Antrags wurde unter anderem eine öffentliche Anhörung im Landtag durchgeführt, an der einer der jetzigen Kläger gegen den Lissabonner Vertrag, Professor Karl-Albrecht Schachtschneider, auf Einladung der NPD-Fraktion als Sachverständiger teilnahm. Darüber hinaus reichte die Fraktion in Karlsruhe eine eigene Verfassungsbeschwerde gegen den deutschen Beitritt zur EU-Verfassung ein. Diese scheiterte zwar aus formalen Gründen, ihre Begründung war aber im Kern identisch mit der Begründung der jetzt anhängigen Klagen gegen den Lissabonner Vertrag.
 
Zur aktuellen Verhandlung in Karlsruhe stellte der stellvertretende Vorsitzende der NPD-Fraktion, Dr. Johannes Müller, folgendes fest:
 
„Der EU-Reformvertrag ist der Form nach eine Zusammenfassung des EG-Vertrages und des EU-Vertrages zu einem Gesamtvertrag, dem Inhalt nach aber nichts anderes als ein nur kosmetisch modifizierter EU-Verfassungsvertrag. Es dürfte unter den acht Richtern des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts überhaupt keinen Zweifel daran geben, daß der Vertrag verfassungswidrig ist, denn er stellt praktisch eine Regierungsform für einen Bundesstaat EU dar, regelt die Gesetzgebungskompetenzen zwischen EU und Mitgliedsstaaten in ähnlicher Form, wie das Grundgesetz sie zwischen Bund und Ländern festlegt, führt für eine Reihe von Rechtsgebieten Mehrheitsentscheidungen ein und verleiht der EU die Kompetenz, ihre eigenen Kompetenzen selbst zu erweitern (‚Kompetenz-Kompetenz‛).
 
Schon die Einführung von Mehrheitsentscheidungen für Regelungen, die bislang einstimmig beschlossen werden müssen, verstößt in krasser Weise gegen Artikel 20 Grundgesetz, denn sie bedeutet, daß das deutsche Volk Rechtsakten unterworfen werden kann, die gegen den Willen des Bundestages beschlossen wurden. Dadurch würde das sogenannte Legitimationskettenprinzip in einer Art und Weise verletzt werden, die den Kernbestand des Grundgesetzes, die freiheitlich-demokratische Grundordnung, zur Makulatur verkommen ließe. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinem Maastricht-Urteil von 1993 versucht, hierfür Grenzen aufzuzeigen, die allerdings bereits durch die bisherige De-facto-Entwicklung der EU-Integration und die Tätigkeit des Europäischen Gerichtshofs ad absurdum geführt worden sind. Das Gleiche gilt für die inzwischen mit Händen zu greifende Entwicklung der EU zu einem Bundesstaat. Diese ist im Maastricht-Vertrag als ‚Knock-out-Kriterium‛ für eine deutsche EU-Beteiligung festgestellt worden, soll aber jetzt durch den Lissabonner Vertrag in eine Art Verfassungsform gegossen werden. Im Grunde ist schon die Verhandlung über dieses Ansinnen eine ungeheuere Zumutung für das Karlsruher Gericht, denn an der Verfassungswidrigkeit kann nicht der Schatten eines Zweifels bestehen.
 
Schließlich sind ja nach Art. 21 Grundgesetz auch Parteien verfassungswidrig, wenn sie ‚nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden‛. Genau das tut aber der EU-Reformvertrag, wenn er Art. 20 GG verletzt oder durch die Etablierung eines EU-Bundesstaates die Bundesrepublik Deutschland praktisch aufhebt. Insofern sind auch die im Bundestag vertretenen Parteien, die den Vertrag fast ohne Ausschußbehandlung durchgepeitscht haben, verfassungswidrig. Das hat für uns Nationaldemokraten einen besonderen Beigeschmack, nachdem gerade diese Parteien uns immer wieder vorwerfen, Verfassungsfeinde und Gegner der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu sein.
 
Der Druck, der in dieser Situation von der etablierten Politik auf das Bundesverfassungsgericht ausgeübt wird, ist sicherlich gewaltig. Für die Richter gäbe es allerdings einen verfassungsrechtlich angemessenen Ausweg aus der verfahrenen Lage: Sie könnten sich auf Artikel 146 GG berufen und eine Volksabstimmung über den EU-Reformvertrag anordnen.
 
Wir Nationaldemokraten fordern bekanntlich schon lange die Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung nach Artikel 146 GG, um endlich eine Verfassung zu schaffen, die vom deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen wird und die dem Volk mehr Mitspracherechte in elementaren Fragen einräumt.
 
Zwanzig Jahre nach der Wende wäre es dafür höchste Zeit.“
 
13.02.2009
 
Arne Schimmer
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
01067 Dresden
Tel.: (0351) 493 49 00 // (0170) 18 74 207
 
]]>

Keine Kommentare möglich.