Aufgrund einer Meldung der Nachrichtenagentur ddp und einer Pressemeldung des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 27. Februar 2008 wurde der NPD-Fraktion bekannt, daß der Aufenthaltsort von 23 200 in Sachsen abgelehnten Asylbewerbern unbekannt ist. Dieser skandalöse Zustand wurde nun von der NPD-Fraktion in dem Antrag „Illegales Untertauchen abgelehnter Asylbewerber im Freistaat Sachsen“ aufgegriffen, in dem sie die Staatsregierung auffordert, den Landtag umfassend über dieses Phänomen zu unterrichten, ein Konzept zur Verhinderung des Untertauchens abgelehnter Asylbewerber vorzulegen und alle Möglichkeiten zur Beschleunigung des Ausweisungsprozedere abgelehnter Asylbewerber zu beschleunigen.
Der NPD-Fraktionsvorsitzende Holger Apfel sagte bei der Einbringung des Antrags, daß sich die mutmaßliche Hoffnung der etablierten Fraktionen, daß die NPD das Thema nach der Ablehnung eines diesbezüglichen Dringlichen Antrages ruhen lassen werde, nicht erfüllt habe, da das Problem, um das es hier gehe, viel zu ernst sei, um es „im parlamentarischen Nebel verschwinden zu lassen oder hinter die verschlossene Tür des Innenausschusses zu schieben, wie es uns Herr Lehmann damals empfahl.“ Apfel betonte, daß es in dem von der NPD angesprochenen Fall „nicht um bloße Asylbewerber, über deren Anträge noch nicht entschieden wurde, sondern um Asylbetrüger, die rechtlich unanfechtbar verpflichtet sind, das Territorium der BRD zu verlassen“ gehe.
Natürlich sei den Nationaldemokraten bewußt, daß nicht etwa über 23 000 Asylbewerber plötzlich im Jahr 2007 untergetaucht seien, sondern über einen längeren Zeitraum. Dies, so Apfel, zeige aber nur, daß das Problem offensichtlich schon sehr lange bestehe und bis heute nicht in zufriedenstellender Weise gelöst wurde. Es handele sich auch um Ablenkungsmanöver, wenn erklärt würde, daß sich diese Illegalen ja in ihrer Gesamtheit gar nicht mehr in Sachsen aufhielten oder nur ihren Grenzübertritt nicht gemeldet hätten, da dies zwar im Einzelfall denkbar, aber nicht die Lösung des Rätsels sei. Die Verdrängungsstrategie der CDU in diesen Fragen habe dazu beigetragen, daß bei den vergangenen Landtagswahlen mehr als 40 000 frühere CDU-Wähler der NPD ihre Stimme gegeben hätten.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Enrico Bräunig, der für die Koalitionsfraktionen das Wort ergriff, zeigte dann auch das typische reflexhafte Verdrängungsverhalten der Etablierten in dieser Frage. Bräunig interpretierte die Forderung der NPD nach Nachforschungen über den ungeklärten Verbleib von mehr als 20 000 abgelehnten Asylbewerbern allen Ernstes als „verabscheuungswürdige Ausländerhetze“ und „Mißbrauch“ von Zahlen. Dann rutschte Bräunig unfreiwillig ins Humoristische ab, als er mit bierernster Miene behauptete: „Sie sind nicht untergetaucht, sie sind schlicht und einfach nicht da“.
Dies war eine Steilvorlage für den auf Bräunig folgenden NPD-Redner Jürgen Gansel, der dessen Auftritt als „selbstentlarvendes rhetorisches Spektakel sondergleichen“ bezeichnete. Die Debatte habe gezeigt, wie wenig die Sorgen der Menschen ernstgenommen würden, diese treibe es aber sehr wohl um, „wenn sie hören, daß insgesamt 23 000 Asylbewerber im Freistaat in den Ausländeruntergrund abgetaucht sind und die aufsichtspflichtigen Behörden im Dunkeln tappen, wohin denn die Herde ausländischer Schäfchen ausgebüchst ist und was sie so treibt.“ Zudem seien die Asylbewerber mit hoher Wahrscheinlichkeit deshalb untergetaucht, weil ihre Anträge zurückgewiesen wurden, die „23 000 Abgetauchten müssen somit als Asylbetrüger und Asylschwindler und nicht behördlich-neutral als Asylbewerber bezeichnet werden“, so Gansel.
Am Ende seines Debattenbeitrages sagte Gansel:
„Wir Nationaldemokraten wollen in Sachsen keine Überfremdungszustände wie im Westen und deshalb wehren wir den Anfängen der Überfremdung. Deshalb fordern wir die Staatsregierung auf, den Landtag unverzüglich über den aktuellen und vollständigen Wissensstand des Regierungspräsidiums Chemnitz hinsichtlich der untergetauchten Asylbetrüger zu unterrichten, dem Landtag ein Konzept zur Verhinderung des Untertauchens abgelehnter Asylschwindler vorzulegen und schließlich mithilfe der biometrischen Erfassung ein wirksames Ausweisungsprozedere zu entwickeln.
Denn eines ist klar: 23 000 untergetauchte Asylbetrüger sind 23 000 potentielle Straftäter. Hier ist die Staatsregierung in der Pflicht, dem Recht zur Durchsetzung zu verhelfen und den Sicherheitsinteressen der Sachsen Rechnung zu tragen. Schließlich berichtete die Freie Presse vor wenigen Monaten, daß jeder 5. Häftling in Sachsen ist. Hier ist Gefahr im Verzug, handeln sie endlich!“
Als skandalös muß das Nicht-Einschreiten der Vizepräsidentin des Sächsischen Landtages, der CDU-Landtagsabgeordneten Andrea Dombois, gegen den enorm hohen Lärmpegel während Gansels Rede gewertet werden. Dombois verzichtete sogar auf die Verhängung eines Ordnungsrufes, nachdem der SPD-Abgeordnete Karl Nolle Gansel als „sprechende Mistgabel“ beleidigte. Ein solch offen parteiliches Verhalten wie heute hatte man bislang nur selten im Landtag gesehen.
Nach Gansel ergriff die sächsische Ausländerbeauftragte Friederike de Haas das Wort, die zugab, daß die 23 000 Untergetauchten nicht alle weitergewandert seien, sondern ein Teil von ihnen wohl „den Weg in die Illegalität“ angetreten hätten. Damit setzte sie sich in Widerspruch zu den Ausführungen Bräunigs, der für das Phänomen der 23 000 nicht erfaßten Asylbewerber noch die Weiterwanderungsthese und „Schreibfehler der Behörden“ bemüht hatte.
Wer die bundesdeutschen politischen Mechanismen und die Form hiesiger „Problemlösungen“ kennt, der wird sich nicht wundern, wenn er demnächst erfährt, daß die betreffende Statistik bald abgeschafft wird, zumal der Berufsbeschwichtiger Enrico Bräunig sie in der Plenardebatte schon als „nicht aussagekräftig“ bezeichnet hatte.
30.05.2008
Arne Schimmer
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
01067 Dresden
Tel.: (0351) 493 49 00 // (0170) 18 74 207
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