Heute fand im Raum A 400 des Sächsischen Landtages die von der NPD beantragte Sachverständigenanhörung zur geplanten Umsetzung der EU-Richtlinie 2005/36/EG in Landesrecht statt. Der Kern dieser Richtlinie besteht darin, daß in Zukunft „Staatsangehörige der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, der übrigen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz“ lediglich eine Berufsbefähigung nachweisen müssen, um in Sachsen den Lehramtsberuf ausüben zu können.
Der von der NPD benannte Sachverständige Andreas Molau, der nicht nur als Waldorf-Pädagoge, sondern auch in der Lehrerausbildung und in Gremien für Industrie- und Bildungsfragen tätig war, leitete seine Stellungnahme mit der Bemerkung ein, daß der vorliegende Gesetzesentwurf in zwei Aspekten, nämlich dem verfassungsrechtlichen und dem pädagogischen, höchst bedenklich sei. Molau machte auch darauf aufmerksam, daß es in dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes, als dessen Folge schließlich die EU-Richtlinie 2005/36/EG verabschiedet wurde, um wettbewerbsrechtliche Fragen von in der EU tätigen Zahnärzten und gar nicht um Bildungsfragen ging und eine derart motivierte Richtlinie nun mit größten Auswirkungen auf den deutschen Bildungssektor verbunden sei.
Als schweren verfassungswidrigen Mangel der Richtlinie benannte Molau den Widerspruch, daß die Umsetzung von EU-Richtlinien durch die Länder freiwillig ist, die Richtlinie selbst aber ihre Umsetzung in das Recht der EU-Staaten bindend vorschreibt und damit wiederum keine Freiwilligkeit zuläßt.
Der schwerste fachliche Mangel des Gesetzesentwurfs besteht nach Molau darin, daß er mit einer massiven Aufweichung des deutschen Hochschulstudiums für Lehrer verbunden ist. Bei einer Umsetzung des Gesetzentwurfs würde die Ausstellung eines Papiers reichen, um dadurch mit einem mindestens dreijährigen Hochschulstudium gleichgestellt zu werden. Dieser Zustand kann nach Molau auch nicht durch die vorgesehenen Anpassungslehrgänge kaschiert werden, zumal die Kosten, die diese verursachen, in dem Gesetzentwurf keine Berücksichtigung fänden.
Molau beendete seine Stellungnahme mit den Worten:
„Zum Abschluß möchte ich Sie – auch in meiner Eigenschaft als Lehrer – dafür sensibilisieren, daß neben der Aufweichung des Hochschulabschlusses für Lehrer auf das Niveau einer Berufsqualifikation auch die Schülerinnen und Schüler ins Auge gefaßt werden müssen, die – wenn Mißbrauch betrieben wird und der nicht auszuschließen ist – die Leidtragenden sein werden.“
Mißachtung der Länderkompetenz
In der Fragerunde erkundigte sich die Landtagsabgeordnete Gitta Schüßler bei dem Sachverständigen nach der Qualität der geforderten Sprachstandards und überhaupt der Rolle, die die Sprache in dem Gesetzesentwurf einnehme. Molau antwortete, daß im Gesetzentwurf zwar geregelt sei, daß vom Antragsteller die Vorlage des sogenannten „Großen deutschen Sprachdiploms“ verlangt werden kann, aber nicht muß. Ein weiterer Aspekt ergebe sich aus den Anforderungen aus diesem sogenannten Sprachdiplom, das der „Deutsche Akademische Austauschdienst – DAAD“ wie folgt bewerte: „Das inhaltliche Niveau der Prüfungsthemen orientiert sich an den Kenntnissen eines allgemein gebildeten Zeitungslesers.“ Wenn der Lehrende aber lediglich Sprachkenntnisse eines „allgemein gebildeten Zeitungslesers“ aufweisen müsse, die im Zuge der Boulevardisierung des Zeitungsmarktes ohnehin im Sinken begriffen seien, dann könne folgerichtig vom Lernenden – also dem Schüler – kein höheres Niveau erwartet werden. Auf Nachfrage von Schüßler empfahl Molau, die Standards genauer und schärfer zu definieren.
Das stellvertretende Ausschußmitglied Jürgen Gansel befragte Molau nochmals nach dem verfassungsrechtlichen Spannungsverhältnis zwischen dem föderalen Rechtssystem der Bundesrepublik und der Unhintergehbarkeit der vorliegenden EU-Richtlinie. Molau antwortete, daß der vorliegende Gesetzesentwurf seiner Auffassung nach klar gegen Artikel 30 GG, der die Länderkompetenz festlege, und gegen Artikel 70 GG, der die Gesetzgebungsbefugnis von Bund und Ländern festschreibt, verstoße, ihre Umsetzung dem Gesetzgeber aber vorgeschrieben sei.
Zu diesem Dilemma sagte Molau:
„Selbst wenn die Abgeordneten der Bundesrepublik dieser Richtlinie zugestimmt haben, so handelt es sich um eine Kompetenzüberschreitung, da dies in die Länderhoheit eingreift. Ebensowenig wie Abgeordnete des Deutschen Bundestages Gesetze oder Verordnungen erlassen können, die in Länderhoheit liegen, ist das EU-Parlament wie auch jegliche andere Instanz hierzu berechtigt.“
Benachteiligung sächsischer Lehrer
Eine weitere Frage Gansels zielte auf eine mögliche Verletzung des Gleichbehandlungs-grundsatzes durch den Gesetzesentwurf. Molau antwortete, ihm sei nicht klar, warum bei einem Antragsteller aus dem EU-Raum ein reiner Qualifikationsnachweis, der nicht einmal einem Fachhochschulabschluß entspreche, für die Ausübung eines Lehramts als genügend erachtet werde, während ein sächsischer Lehrer hierfür Abitur und dann ein Hochschulstudium benötigt, also mindestens zwei Jahre länger auszubilden ist, als ein anderer EU-Bürger. Darin könne sehr wohl eine Benachteiligung sächsischer Lehrer gesehen werden.
Molau resümierte, daß der Gesetzesentwurf der Staatsregierung zum Befähigungs-Anerkennungsgesetzes für Lehrer (Drs. 4/9249) weder eine gedankliche Eigenleistung noch eine Folgenabschätzung erhalte und durch seine unklare Begrifflichkeit sogar Verwirrung stifte. Wenn man ihm eine Abiturnote geben müßte, so könnte diese nur auf „ungenügend“ lauten.
Seine Ausführungen mußte Andreas Molau im Schul- und Bildungsausschuß vor fast leeren Reihen machen, da außer den NPD-Abgeordneten Gitta Schüßler und Jürgen Gansel nur der Ausschußvorsitzende Lars Rohwer (CDU) und der Alterspräsident des Sächsischen Landtages, Professor Cornelius Weiss (SPD), erschienen waren – ein deutlicher Hinweis darauf, wie ernst die Abgeordneten der anderen Fraktionen Bildungs- und Verfassungsfragen nehmen. Die Geringschätzung dieser Themen kam auch in der Weigerung der etablierten Fraktionen zum Ausdruck, eigene Sachverständige zu benennen. Eine weitere Posse steuerte der Ausschußvorsitzende Rohwer bei, der der NPD-Fraktion keine Foto-Erlaubnis erteilte.
Verantwortlich:
Arne Schimmer
Pressesprecher der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
01067 Dresden
Tel.: (0351) 493 49 00 // (0170) 18 74 207
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